Wie hätten Sie entschieden?

Wie hätten Sie entschieden?

Eine 28-jährige Patientin stellt sich in der Praxis vor und will ihr Gebiss grundsätzlich sanieren lassen. Eine kieferorthopädische Fachpraxis zur Abklärung der Behandlungsmöglichkeiten hat sie gewählt, da sie die Rezession an 41 und den Engstand der unteren Frontzähne als besonders störend empfindet. Der weitere Befund zeigt, dass der Zahn 12 stark rekliniert und extrudiert ist, wodurch es zu einer erheblichen Okklusionsstörung kommt. Die Protrusion wird von Zahn 21 geführt. Dadurch bedingt ist der Zahn 42 ebenfalls stark rekliniert. Zahn 15 ist nach mesial in die Lücke regio 14 gewandert, wodurch der Antagonist 45 nach lingual gekippt ist. Dr. Werner Schupp wird für die Leser des DENTAL MAGAZINS auf Seite 48 den kieferorthopädischen Teil des Behandlungskonzeptes darstellen.

Schupp, W.

Auf der Seite 32 beschreibt Dr. Werner Schupp einen Patientenfall: Bei einer 28-jährigen Patientin liegt eine mittelschwere Parodontal-erkrankung mit einer Rezession an 41 von mehr als 3,5 Millimeter vor sowie generalisiert erhebliche Zahnfleischtaschen und erhöhte Blutungs-neigung. Der Zahn 12 ist stark rekliniert und extrudiert, wodurch es zu einer erheblichen Okklusionsstörung in habitueller Interkuspidation kommt. Die Protrusion wird von Zahn 21 geführt. Dadurch bedingt ist der Zahn 42 ebenfalls stark rekliniert. Es besteht ein Engstand der Unter-kiefetfrontzähne. Zahn 15 ist nach mesial in die Lücke regio 14 gewandert, dadurch bedingt ist der Antagonist 45 lingual gekippt. Das Behandlungskonzept sah die Extraktion von 41 vor. Als zwingend notwendige vorbereitende interdisziplinäre Maß-nahme erfolgte ein professionelles supra- und subgingivales Biofilm Management vor der kieferorthopädischen Behandlung und anschließendes Recall durch den mitbehandelnden Zahnarzt (Dr. von Stefan Hajmasy, Köln) Die kieferorthopädische Behandlung der Patientin wurde ausschließlich mit der Invisalign-Technik durchge-führt. Diese Behandlung dauerte 15 Monate ab Einsetzen des ersten Aligners.

Im vorausgehenden Heil- und Kostenplan wurde die Aufrichtung des Zahnes 15 zur Distalisierung der Wurzel mittels Multi-band geplant. Damit eine implantatchirurgische Versorgung regio 14 durchgeführt werden kann, müssen hierzu noch zwei Brackets auf 16 und 15 sowie eine palatinale Verankerung 17 zu 16 geklebt werden. Die Aufrichtung kann mit einem Teilbogen aus TMA gelöst werden. Die gewählte kieferorthopädische Behandlungstechnik ist gerade im Hinblick auf die parodontale Situation die Behandlungs-methode der Wahl. Die Mundhygiene ist durch die Aligner nicht erschwert, DENTAL MAGAZIN 1/2006 da diese zur Mundhygiene herausgenommen werden. Ebenfalls kann die Patientin unabhängig der kieferortho-pädischen Termine zum Recall, da zum professionellen Biofilm Management die Bögen, wie wir sie i n der festsitzenden kieferortho-pädischen Behandlungstechnik benötigen, nicht vom Kieferortho-päden erst herausgenommen und nach der Zahnreinigung wieder einlegiert werden müssen. Liegt ein Attachmentverlust vor, so kann die Zahn-bewegung von Aligner zu Aligner, der jeweils 14 Tage ge-tragen wird, im CLinCheck minimiert werden. Wir stellen dann jeweils geringere Zahnbewegungen bis unter 0,l Millimeter pro Aligner ein. Das Ergebnis zeigt eine sehr stabile parodontale Situation ohne Ent-zündungszeichen. Der Biofilm konnte optimal beherrscht werden. Die Dreh- und Engstande des Unterkieferfrontzahnsegmentes sind mit einer notwendigen Über-korrektur und optimalen Einstellung der Zahne 33 und 43 ausbehandelt. Zur Langzeitstabilität sind die unteren Eckzähne mesial gering nach Lingual eingestellt, die distalen Anteile der seitlichen Inzisiven sind mit Überkorrektur gering nach Labial derotiert. Der Zahn 12 ist intrudiert.

Wie funktioniert die Invisaglin Technik

Seit 1999 können mit der Invisalign-Technik Zahnfehlstellungen kor-rigiert werden. Dieses System besteht aus einer Serie von durch-sichtigen, herausnehmbaren Kunststoffschienen, die die Zahne in kleinen, vom Kieferorthopäden vorgegebenen Schritten in die ge-plante Stellung bewegen. Zur Herstellung der Schienen werden die Abformungen der Kiefer aus A-Silikon mittels Computertomographie dreidimensional im CAD/CAM-Verfahren digitalisiert. Nach Vorgabe des Behandlers kann nun auf Basis des Befundes eine computerge-stützte, dreidimensionale Simulation der gewünschten Zahnbeweg-ungen durchgeführt werden. So entsteht der ClinCheck, der zur weiteren Behandlungsplanung dem Behandler per Internet zur Ver-fügung gestellt wird. Nach der Freigabe werden von jedem einzelnen Schritt mittels Stereo-Lithographie Modelle erstellt,über die die Alig-ner tiefgezogen werden. Die einzelnen Schienen werden 22 Stunden am Tag getragenund nur beim Zähneputzen, Essen und Trinken zuckerhaltiger Fliüssigkeiten herausgenommen.Der Patient kann während der Behandlungszeit die gewohnten Hygienemaßnahmen durchführen,seine Sprache ist durch die Aligner nicht beeinträchtigt und er kann im Voraus sehen, wie seine Zähne nach der Behandlung aussehen werden. Auch beim Wechseln der Schienen treten wenn überhaupt nur geringe Schmerzen auf.

Abb.1: Situation vor der Behandlung mit einer mittelschweren Parodontalerkankung und einer Rezession an 41 von mehr als 3,5 Milimeter, Zahn 12 ist rekliniert,derotiert und extrudiert

Abb.2: Die Aufsicht des Unterkiefers zeigt eine Reklination des Zahnes 42 und Proklination 41 mit erheblichen Dreh und Engständen des Frontzahnsegmentes, der Zahn ist nach lingual gekippt.

Abb. 3: Situation nach Abschluss der Invisaglin-Behandlung und begleitendem Biofilm Management mit Extraktion des Zahnes 41, der Zahn 12 wurde intrudiert, prokliniert und derotiert Die parodontale Situation ist stabil, es liegt keine Entzündung vor, die Kuwatur der lnzisalkanten im Oberkiefer verläuft optimal zur Kurvatur der Unterlippe, so dass hier eine perfekte Ästhetik erzielt wurde.

Abb. 4: Der Unterkiefer zeigt ein ausgeformtes Frontzahn- Segment nach Extraktion 41, die Derotationen der Eckzähne und der seitlichen Inzisiven erfolgte mit der zur Stabilität notwendigen Überkorrektur

Abb. 5: Zentrische Okklusion links.

Abb. 6: Zentrische Okklusion rechts, der Zahn 15 wurde mittels körperlicher Distalisierung in einer Klasse I-Verzahnung mit 45/46 verzahnt.